Mittwoch, 2. September 2015

Ruta de la Muerte - Wir haben überlebt!

Heute mal was sportliches: Immer nur bergauf und bergab durch La Paz zu laufen, ist auf Dauer doch etwas ermüdend. Also sind wir heute noch in die Yungas gefahren (die Ausläufer des Amazonas-Gebiets) und sind dort die Todesstrasse von 4.700m Höhe bis auf 1.100m runter gefahren - auf Downhill-Mountain-Bikes... Aber seht selbst, das Video zeigt einen sehr “interessanten“ Teil unserer Abfahrt:


Morgen früh geht es dann zurück nach Lima, wo wir dann noch drei Tage in der Stadt entspannen wollen.

https://youtu.be/PHKBVBWJyew

Dienstag, 1. September 2015

Harte Nacht - Auf zum Mars - Teil 3

Wer den ganzen Tag auf ca. 4.500m unterwegs ist und dann bei 4.350m übernachten soll, hat trotz tagelanger Vorklimatisierung auf 3.600m eine Aufgabe vor sich. Die meisten von uns haben trotz eines anstrengenden Tags echte Schlafprobleme, Kopfschmerzen, Übelkeit - aber nach der Versorgung durch die Teamärztin und heißem Tee geht es irgendwie. Unser Fahrer muss aber noch den Motor klar machen, irgendwas stimmt nicht, mit leichter Verzögerung geht es um 5:45h los, über uns Sternenhimmel...In einer Karawane ziehen wir mit den andren Teams zum ersten Wegpunkt des heutigen Tags, Ein Team steht bereits nach einem Kilometer mit Warnblinker an der Schotterstrecke. Wir müssen dem vor uns vorsichtig folgen, er hat keine funktionierenden Rücklichter mehr und zieht eine blickdichte Staubwolke hinter sich her.

Langsam erhebt sich die Sonne über die Berge. Wir befinden uns offensichtlich auf dem Mars: Um uns herum eine riesige Fläche aus rotem, spitzen Trümmergestein. Ein Vulkan hat hier wohl mal einen Berg auseinander gerissen. Ein paar Ecken weiter strömt Schwefel-haltiger Dampf unter lautem Schnauben aus der Erde. Wir stehen auf einem aktiven Vulkansfeld, ein paar Schritte weiter blubbert in einer fremdartigen Landschaft heißer Schlamm auf Lava in kleinen und großen Löchern. Wir passen auf, wo wir im Dampf den nächsten Schritt hinsetzen, um zwischen diesen wild fauchenden Trichtern nicht selbst hinein zu tapsen. 4.900m sind wir hier hoch und haben damit den höchsten Punkt des “Ausflugs“ ereicht. Es ist noch so früh und kalt, dass UBS die Finger trotz dicker Winterhandschuhe frieren.

Das wird am nächsten Wegpunkt besser. Eine heiße Thetmalquelle lädt zum Bad. Vor einer grandiosen Naturkulisse hüpfen wir in das 40 Grad warme Wasser. Der Boden aus Vulkanasche kitzelt angenehm an den Füssen. Doch wir können nicht ewig bleiben... Wir schauen uns noch eine grüne Lagune an bevor wir das Dali-Tal durchfahren. Die Berge wirken wie in verschiedenen Farben wie rot, gelb, weiß und grün in surrealen Mustern bemalt.

Ein weiterer kleiner Salzsee liegt auf der Strecke bevor wir zu einem weiteren Park aus Felsen voller merkwürdigen Formen kommen. Dort beobachten wir bereits ein Team, dass sich ernsthafte Sorgen um ein Hinterrad macht, dann aber weiter fährt.

Keinen Kilometer weiter steht die Gruppe wieder am Rand, der Wagen ist schon aufgebockt. Eigentlich ist Team Alemania-Belgium zuerst bei den Havaristen nachdem sie unfair die letzte Attraktion ausgelassen haben um uns zu überholen, aber sie fahren einfach weiter... Und denen haben wir gestern noch was von unserem raren Arzneimittelvorräten abgegeben....
Wir halten natürlich an und geben unseren Reservereifen ab, auch wenn es noch 150km zum Ziel sind. Als wir die abgefahrenen Reifen der Konkurenz sehen, ist klar, warum, die schon den zweiten Ersatz dran haben... Unser Landcruiser hingegen fährt auf dickem Profil und lässt sich sein Alter auch sonst nicht anmerken (ausser bei den sporadisch bis gar nicht funktionierenden Fensterhebern)...

Jetzt heißt es durchhalten, trotz der schönen Erlebnisse gehen drei anstrengende Tage nicht einfach so zu Ende - der Nachtbus nach La Paz wartet schon auf uns, hoffentlich wird es entspannter als die Hinfahrt.








We are Dakar! - Teil 2

Der heutige Tag ist kaum zu beschreiben, schaut die Bilder an. Es war eine Mischung zwischen der Rallye-Dakar und tausend verschiedenen Landschaften. Gelbe, weiße, rote Wüsten, Berge, Felslandschaften, Vulkane, Geröllfelder, von vergangenen Flüssen geformte Felsen, Lagunen in weiß, rot und grün voller Flamingos, die hier in den Höhen bis zu 4.600m heimisch sind. Das Wetter ist weiterhin großartig. Dieses Mal treffen sich alle Teams im gleichen Dorf zur Nacht, dass ausschließlich aus den gleichen Unterkünften besteht. Es gibt nur Sechserzimmer, keine Dusche und nur Strom für Licht. Zum Glück haben wir genug Akkupacks und tagsüber ein Solarpanel dabei um die Batterien der Kameras unterwegs zu laden.

Zum Abendessen gibt es zwar Wein, was uns von den anderen Gruppen abhebt, aber wir bekommen die gleiche Menge Spaghetti und Soße für sechs Leute wie die zwei und drei Leute Gruppen. Und es gibt nicht nach. Für die Vegetarier gab es zu den Nudeln ein hart gekochtes Ei, bisschen merkwürdig. Wir bekamen dann noch die Reste der Kleingruppen, die uns mitleidig anschauten...

Diese Nacht wird für alle hier kalt werden, wir haben schon unsere Schlafsäcke bereit liegen. Draussen werden es minus zwanzig Grad...









Salar de Uyuni - Salz überall - Teil 1

Bevor wir unsere dreitägige Wüstentour starten, haben wir noch schnell die bedeutendste Ausgrabungsstätte Boliviens, Tiwanaku, besichtigt. Diese Kultur existierte viel früher und länger als die der Inka und hatte bereits viele Errungenschaften wie Sonnenkalender und intelligente Agrarsysteme entwickelt. Danach ging es noch schnell mit der roten Seilbahnlinie hoch hinaus über den Talkessel der Millionenstadt La Paz, die scheinbar minütlich zu wachsen scheint. Diesen Anblick werden wir nach unserer Rückkehr in ein paar Tagen auf einer der anderen Seilbahnen nochmal im Funkeln der Strassenbeleuchtung anschauen. Denn jetzt geht es erstmal zum Nachtbus nach Uyuni. Das liegt ganz im Süden Boliviens und ist einer der letzten Orte, die man da unten als Tourist noch mit normalen Verkehrsmitteln erreichen kann. Die Qualität der Busse schwankt hier leider sehr stark. Wir hatten mit unsrem dieses mal trotz Empfehlung nur mittleres Glück während andere über ein positives Erlebnis mit einem anderen Unternehmen berichten konnten, von dem andere Reisende uns dringlich abgeraten hatten. Egal, ich kann trotz dicker Schlafsessel in den Dingern eh nicht richtig schlafen.

Wir kommen bei weiterhin bestem Wetter in diesem kleinen Wüstendorf an, werden direkt an der Bustür von Sandra, unserem örtlichen Tour-Agent in Empfang genommen. Das auch sie nur Spanisch kann, stellt für uns mittlerweile keine Hürde mehr da. Es gibt ein leckeres Frühstück bevor wir von unserem Jeep zu einer dreitägigen Rundtour bis zur chilenischen Grenze abgeholt werden. Immer sechs Gäste plus Fahrer kommen in einen Wagen. Wir haben Glück, mit dabei ist ein Pärchen aus München, die wir schon an Tag vorher getroffen hatten und zwei spanische Mädels. Unser Fahrer und Koch spricht natürlich wieder nur Spanisch. Aber wir verstehen fast alles.

Unser erster Halt ist der Lokomotiven-Friedhof knapp außerhalb der Stadt. Alte Dampflokomotiven stehen aufgereiht auf alten Gleisen. Oder besser was von ihnen an rostigen Stahl nach vielen Jahren noch übrig ist. Es sind tolle Fotomotive, wir klettern drauf rum, fotografieren und betrachten das als großen Spielplatz.

Doch wir müssen weiter, die große Salzwüste wartet. Früher war hier mal ein Meer. Es muss wahnsinnig tief und groß gewesen sein, denn heute liegt hier eine 12.000 Quadratkilometer  große, weiße Ebene aus mehren Metern Salz, Lithium und anderen Mineralien. Mit Fotostopps an verschieden Stellen geht es Kilometer um Kilometer rauf auf diese unwirkliche Fläche. In der Regenzeit steht eine dünne Wasserschicht auf dem See und bildet einen riesigen Spiegel. Jetzt aber ist alles trocken, wir finden nur zwei Quellen, aus denen sich jetzt kleine Seen entstehen.
Trocken heißt hier, dass das Salz so hart ist, dass die schweren Jeeps fast keine Spuren hinterlassen. Inzwischen sehen wir von einen Horizont zum anderen nur weiß, es gibt keinen Kontrast, keine Möglichkeit Entfernungen einzuschätzen. Nur ein paar Berge ringsum erlauben die Orientierung.
Wir erreichen ein Salz Hotel mitten im See. Wände,  Tische, Skulpturen... Alles ist aus Salzblöcken.

Ein wenig weiter bildet dass trockene Salz vieleckige Platten von ca. 80cm, die Ränder werfen sich auf. Ein surrealer Anblick, kilometerweit...

Mitten im See eine Koralleninsel aus der Urzeit, heute ist sie bewachsen mit Kakteen.
Wir erklimmen sie, haben einen großartigen Ausblick...

Irgendwann erreichen wir einen kleinen Aussichtspunkt mitten in der Fläche. Von hier aus beobachten wir den Sonnenuntergang. Wir wundern uns, warum am gegenüberliegenden Horizont auch ein roter Schimmer steht, steigen in den Jeep und wollen zum Hotel - plötzlich ein heller weißer Streifen am Horizont. Stopp, alle wieder raus, der Mond geht auf wie eine zweite Sonne, ein unglaublicher Anblick, den noch keiner von uns so gesehen hat. Der Erdtrabant erscheint riesengroß, es ist Vollmond. In unglaublicher Geschwindigkeit schiebt sich der Mond nach oben. Die Erde scheint unter uns weg zu kippen...

Wir fahren weiter zur Unterkunft, es ist auch ein Salzhotel, sogar der Boden ist mit weichen Salzbröseln bestreut, sogar die Bettgestelle sind aus Salzblöcken. Und es ist warm, die Sonne hat alles aufgeheizt, es gibt eine kochend heiße Dusche. Wir essen schnell, sind müde und schlafen tief und gut. Erst am nächsten Tag erfahren wir von anderen Gruppen aus anderen Unterkünften, dass es dort teilweise selbst mit Schlafsack grenzwertig kalt war.








Donnerstag, 27. August 2015

Back on Track...

Hier eine kurze Info:
Da wir die letzten Tage auf der Isla del Sol kein Internet hatten, haben wir zwei dicke Posts nachgereicht. Heute hat alles irgendwie mit der Abreise von der Insel und die Weiterfahrt nach La Paz geklappt.

Unterwegs haben wir noch die weiße Pilger-Kathedrale von Copacabana gesehen und am Ende der Halbinsel noch ein interessantes Fährerlebnis getrennt von unserem Bus aufs bolivianische Festland gehabt.

Ab morgen werden wir wahrscheinlich bis zum 1. September ohne Internet sein, da wir morgen erst nach Tiwanaku reisen, bevor wir abends im Nachtbus nach Uyuni weiter fahren. Dort in der Salzwüste und südlicher sind wir dann drei Tage im Jeep unterwegs und wir können froh sein, wenn es abends Strom und warmes Wasser gibt... Erst danach kommen wir hier nach La Paz zurück und erforschen diese verrückte Großstadt in der Höhe...


Isla del Sol - Ruhe und Berge

Nach den gestrigen Strapazen genossen wir in unserem Zimmer einen grandiosen Ausblick auf einen Sonnenaufgang über dem Cordillera-Gebirge. Zum Frühstück gibt es frisch gemischtes Bircher-Müsli und Pfannkuchen mit Aprikosen-Marmelade. Ich fühle mich trotzdem noch völlig neben der Spur. Eigentlich sollte man denken, dass man nach dem Aufstieg gestern in der Höhenluft in einen ohnmachtsähnlichen Tiefschlaf fallen sollte, ich aber wache nach der Hälfte der Nacht auf und kann erst einmal nicht wieder einschlafen. Ausserdem hat sich der Husten, den ich seit der Abgas-geschwängerten Luft aus Arequipa mitschleppe, etwas festgesetzt. Nicht schlimm, nur ganz leicht, aber es nervt.

Gut, dass es auf dieser Insel keine Autos gibt. Ausserdem keine Fahrräder, kein Festnetz, kein Internet... Haupttransportmittel sind Esel, von denen hier jede Familie auf der Insel mindestens einen besitzt um Einkäufe, aber auch Steine für neue Häuser, die bergigen Hänge der Insel hoch zu schleppen.

Und unseren Befürchtungen zum kalten Wetter haben sich auch nicht bewahrheitet. Während der Wetterbericht weiterhin Temperaturen von -1 bis 5 Grad ankündigt, beobachten wir seit Tagen eine sonnige und stabile Großwetterlage über dem See. So auch heute, vormittags und am späten Nachmittag reicht eine leichte Jacke, dazwischen ist T-Shirt-Wetter.

Wir wollen heute den etwa 15km langen Insel-Wanderweg laufen, auf der einen Seite bis zum Nordende, auf der anderen Seite wieder zurück. Viele Höhenmeter stehen uns bevor, mehrfach geht aus auf die vielen kleinen 4000er Gipfel der Insel hoch und danach wieder einige Meter runter. Der Boden unter uns verändert sich alle 100m: blanker Fels, Schiefer, Geröll, Stufen aus Felssteinen. Die Insel ist im Prinzip eine schräg hoch geschobene Erdplatte, mit wenigen Schritten kann man tausende Jahre Erdgeschichte durchwandern. Doch der Ausblick ist noch viel imposanter, die Buchten der Insel liegen wie gemalt im strahlend blauen Wasser des Sees, die Hänge mit ihren verschiedenen Formationen bilden unendlich viele Motive. Immer wieder begegnen uns Frauen mit kleinen Herden von Schafen, Eseln und Rindern. Aber auf vielen Abschnitten des Weges sind wir alleine, selten kommen uns andere Wanderer entgegen.
Am Nordende der Insel besuchen wir eine der ältesten Inka-Anlagen, denn deren Kultur hat der Sage nach auf dieser Insel ihren Anfang genommen.
Nach einer kleinen Pause machen wir uns auf den Rückweg über die andere Inselseite. An einem kleinen Ort gibt es einen fast weißen Sandstrand, wir baden ein wenig im kalten Seewasser bevor wir weiter laufen. Am Wasser begegnen wir immer wieder Esel, die so zutraulich sind, dass sie sich streicheln lassen.
Doch zum Ende wird auch dieser Ausflug immer anstrengender, der lange Tag zehrt an unseren Kräften und wir sind froh, in unserem Hostel zurück zu sein. Jedoch müssen wir noch einmal schnell die 160 Höhenmeter runter zum Hafen, um uns eine Rückfahrt für den nächsten Tag vor der ersten offiziellen um halb elf zu sichern, damit wir unseren Bus nach La Paz erreichen können.
Erst werden uns nur teure Privatboote angeboten. Erst als wir entmutigt wieder gehen wollen, kommt plötzlich eine der Kapitäne an und bietet uns für acht Uhr eine Mitfahrt zum Normalpreis von etwa drei Euro an. Na, geht doch, hoffentlich klappt das auch.
Wir klettern wieder den Berg hoch, diesmal gleich bis ganz nach oben, sehen noch einen Kolibri an Blüten saugen, beobachten beim Abendessen den Sonnenuntergang über dem See und gehen danach erschöpft schlafen.









Bienvenidos Bolivia - Willkommen im Abenteuer

Irgendwann musste es ja kommen, es hat einfach bisher alles zu flüssig funktioniert... Nach einem entspannten Vormittag in Puno (es ist hier übrigens weit aus wärmer, als die Wettervorhersage angekündigt hat, in der Stadt kann man tagsüber im T-Shirt laufen, an der Promenade reicht eine leichte Jacke), machten wir uns auf zum Busbahnhof um unser nächstes Reiseziel zu erreichen.

Pünktlich wurden wir aufgerufen, aber der Bus gehörte mitnichten zu der im Prospekt angekündigten Flotte an neuen Bussen, die die Firma angeschafft hat. Aber die Sitze sind voll gemütlich nur der Sitzabstand für mich etwas gering, ein Bein muss immer auf dem Gang bleiben. Da wir jetzt nach Bolivien einreisen, kontrolliert die Crew unsere Reisepässe und Einreisebelege für Peru und händigt uns die Formulare für Bolivien aus und kontrolliert im Bus nochmal, ob alle alles richtig gemacht haben.

Die Reise läuft gut, wir kommen zügig voran. Vor der Grenze haben wir nur wenig Verzögerung, wir müssen alle samt Handgepäck aussteigen, durch die peruanische Ausreisestelle, 300m zu Fuss über die Grenze, dort an der bolivianischen Einreisestelle den nächsten Stempel holen und zurück zum inzwischen abgefertigten Bus. Sind ja nur noch acht Kilometer bis zum Ziel. Doch es geht nicht weiter, ein Mitreisender fehlt, er ist in Peru an der Grenze hängen geblieben... Wir müssen über eine halbe Stunde warten, die Sonne fängt an sich dem Horizont zu nähern... Und wir wollten heute noch mit dem Boot zur Isla del Sol zu unserem Hotel...
Um 18:30 kommen wir endlich in Copacabana an (es handelt sich hier übrigens um die echte Copacabana, nach der die brasilianische später benannt wurde), vor einem Hotel werden alle ausgekippt, der Busbegleiter verkündet die tollen Preise für dieses Hotel und empfiehlt allen dort abzusteigen. Einige fragen “Isla del Sol“? Er antwortet “Manjana, die Boote fahren um 8:30h und 13:30h. What??? So hatten wir nicht gewettet. Wir machten uns auf zum Hafen 100m weiter. Dort hörten wir zuerst auch nur “Manjana, Morgen...“. Hä, bisher haben uns überall wo wir ankamen, die Taxi-Fahrer bedrängt, wir hatten nicht damit gerechnet, dass es hier anders ist. Wir wollten nicht eine Nacht hier verbringen, wir wollten zur Insel! Einer der Fährmänner bot uns dann ein Privatboot an, wir müssten bloss wegen des Sonnenuntergangs sofort entscheiden. Egal, schnell zum Geldautomaten, wir hatten weder genug Dollar noch Bolivianos zur Hand. Doch so richtig nahmen die uns noch nicht ernst, erst als ich den Hostelnamen sagte, schien ihm klar zu werden, dass wir es wirklich ernst meinten, plötzlich kam Bewegung in die Sache. Er rief einen Kollegen an, der nach Kalender heute “Notdienst“ hatte, wir gingen zu einem der vielen Boote. Als wir auf dem Wasser waren, schwante mir langsam, dass die Strecke zur Insel deutlich länger ist als gedacht. Im Reiseführer stand etwas ungenau, dass es eine Stunde mit einem Ruderboot braucht, mit dem Motorboot entsprechend schneller. Also haben wir mit zwanzig Minuten gerechnet... Es dauerte über eine Stunde, ca. 15km. Ich bin zwischendurch zum Kapitän, um nochmal das genaue Reiseziel und unser offenbar sehr bekanntes Hostel abzuklären, “Si, Si, Inti Wayra, Yumani“. Na, sollte doch irgendwie klappen. Zum Glück ist fast Vollmond und eine sternenklare Nacht. Obwohl dass Boot weder Beleuchtung noch Positionslichtet hatte, konnten wir grau in grau als erkennen. Doch wegen der Dunkelheit und des leichten Wellengangs entschied der Kapitän in einer ruhigen Bucht auf der anderen Seite der schmalen Insel fest zu machen, er musste ja nun im Dunkeln ohne die Hilfe seiner sonst zahlreichen Kollegen rückwärts zwischen zwei anderen Booten einparken. Er hatte nur vorher noch mit Handzeichen und auf Spanisch erklärt, dass er das Boot fest macht und uns dann zum Hostel bringt. Zum Glück haben wir inzwischen soviel Brocken Spanisch gelernt, das wir damit halbwegs zurecht kommen. Englisch hilft manchmal im Peru, in Bolivien fast gar nicht mehr...
Im Mondschein ging es nun los den Berg hinauf, steile, grob in den Felsen gehauene Stufen und zwischendurch blanker Fels. 200 Höhenmeter mussten wir am Ende hoch und 40 wieder runter. Der See liegt schon auf 3.800m Höhe, die dünne Luft rauschte scheinbar wirkungslos durch unsere Lungen, als Ruhepuls im Sitzen haben wir hier ja schon 80-100, und wir mussten noch jeder einen 16kg schweren Rucksack und unseren Daypack hoch tragen. Wäre Neumond gewesen, wir wären gescheitert, spätestens nach wenigen Metern hätten wir uns den Fuss umgeknickt im Dunkeln. Und den Weg hätten wir niemals alleine gefunden.
So ging es aber Stück für Stück voran. Nach einer gefühlten Ewigkeit und einem letzten Stück durch einen steilen Wald mit Einsatz der Taschenlampen kamen wir am Hostel an. Zum Glück stand jemand vor der Tür, denn normalerweise kommen um diese Zeit keine Gäste... Wir waren total erschöpft, glücklich angekommen zu sein und dem Kapitän unendlich dankbar, dass er uns hierher gebracht hat und auch mit dem Gepäck geholfen hat, dafür gab es noch ein dickes Trinkgeld obendrauf. Eigentlich war es erst kurz nach neun, fühlte sich aber an wie tief in der Nacht.
Unser Gastwirt erkannte unseren Zustand schnell, wir bekamen sofort unser Zimmer und einen heißen Tee aus frischen Koka-Blättern zur Stärkung. Uns war jetzt schon klar, dass wir uns so ein teures Privatboot kein zweites mal leisten wollen, doch der Schiffsfahrplan passte überhaupt nicht zu unserer gebuchten Busreise nach La Paz in zwei Tagen, die könnten wir so nie erreichen. Und wurde klar, dass die Planungen in Bolivien nicht nur im Vorfeld der Reise schwierig waren, sondern dass es auch so bleiben sollte. Schliesslich sind wir keine Studenten, die acht Wochen und länger hier rum reisen oder gleich ein year-off machen, unsere Reiseplanung in Bolivien hat nur zwei Notfallpuffer, die wir nicht jetzt schon vergeben wollten. Doch die Insel sollte unsere Mühen am nächsten Tag belohnen...